Kapellye Schlosser Hans

 

Die vier Musiker Hans Hebart (Akkordeon), Matthias Kircher (Kontrabaß, Geschichtenerzähler), Christof Hummel (Geige, Rhythmus), Steffen Klee (Gitarre, Mandoline) und die eine Musikerin Ursula Heller (Gesang, Querflöte, Moderation) bieten Liedgut und Geschichten aus der Zeit von 1848 bis 1944. Leidvolles, Düsteres ist ebenso dabei, wie Ausbrüche schierer Lebensfreude. Hochzeitslieder stehen neben Kampfesliedern, und so manches überraschende Arrangement kann entdeckt werden. Trotz teilweiser Verstärkung gelingt es “Kapellye Schlosser Hans“ sehr differenzierte Klänge zu erzeugen, auch dadurch, dass alle Musiker mehrere Instrumente beherrschen. In ihrer Instrumentierung kann es geschehen, dass man meint, eine Mandoline zu hören, auch wenn keine Mandoline vorhanden ist. Ebenso ist es möglich, eine Klarinette zu vernehmen, die natürlich auch nicht existiert. “Kapellye Schlosser Hans“ steht somit für ein musikalisches Programm, das in und durch Verblüffung begeistert. Instrumentale Stücke wechseln sich dabei ab mit  Gesängen. Die Mystik und Spiritualität der jiddischen Musik, die Giora Feidman als “jiddisch Soul“, als Musik vom Herzen definiert, vor allem aber die Freude an der Musik und am miteinander Musizieren wird erlebbar im Zusammenspiel dieser Musiker.

Jiddisch, die Sprache in der gesungen wird, hatte eine ähnliche Funktion wie Esperanto. Vom zaristischen Russland bis über Marokko hinaus konnten sich Menschen, die diese Sprache beherrschten, miteinander verständigen. Sprache, Kultur und die Menschen, die sie tradierten und lebten, existieren nicht mehr, aber die jiddische Sprache und Kultur ist in ihrer Musik lebendig geblieben.

Mit und durch ihre Musik lädt “Kapellye Schlosser Hans“ ein, das Leben, Lebensfreude, Liebe, Leidenschaft, Zerrissenheit, Hoffnung und Ernüchterung aus der Musik zu hören, mit zu empfinden und mit zu tragen, um am Ende mit “glik“ und “a bisl sun“ das Leben zu feiern!

PRESSE

Gäubote, 01.03.2016

 

Klezmer mit Schlosser Hans

Entringen - Klezmer kann so vieles sein. Die ganze Welt findet sich wieder, in der Volksmusik der Juden. Schlosser Hans aus Tübingen präsentieren die jiddische Musik als lebhaft traurige
Adaption: Fünf Deutsche auf den Spuren eines Lebensgefühls.

Thomas Morawitzky

Man muss nicht jiddisch sein, um Jiddisches zu lieben - eine Handvoll Musiker aus Tübingen und Reutlingen schafft das auch so, ist selbst ganz hingerissen von der Mischung vieler Stile, der Mischung aus Schwermut und Lebensfreude, die drin steckt, in der jahrhundertealten, weltlichen Musiktradition der Juden.

Schlosser Hans nennt sich die Gruppe, weil jener, der in ihr das Akkordeon spielt, Hans Herbart heißt und von Beruf ein Schlosser ist. Matthias Kircher spielt den Kontrabass und erzählt zwischen den Musikstücken jiddische Geschichten; auch Ursula Heller, Pfarrerin in Reutlingen, wird, wenn sie nicht die Querflöte ansetzt, zur Erzählerin. Steffen Klee zupft und schlägt die Gitarre; Christof Hummel lässt lange melodische Jubelseufzer aufsteigen aus dem Innern seiner Geige.

Schlosser Hans sprechen gerne davon, dass in der Klezmermusik eine Weltsprache steckt, die man hier so gut versteht wie dort, ein Esperanto. Jazz und Tango, Balkanrhythmus und Folklore - all das vereinigt sich im Klezmerklang. Und dass jiddische Musik und jiddischer Humor es vermögen, größtes Leid und Lebensfreude zugleich auszudrücken - das bewundern und genießen viele. "Es gibt so viele Emotionen in dieser Musik", sagt Ursula Heller. "Und in aller Tragik liegt in ihr auch immer etwas, das einen nicht herunterzieht."

Im Repertoire haben Schlosser Hans solch anrührende Klezmer-Stücke wie "Zok ez mir nokh amol", ein Lied von ganz zügelloser Verliebtheit, oder jenes, das von der "Grünen Cousine" erzählt, die nach Amerika auswanderte - überhaupt singt und spielt die Gruppe viele Auswanderungslieder. In der Entringer Begegnungsstätte wollten gut 40 Ammerbucher Klezmer hören, Wein dazu trinken und sich des Lebens freun.

https://www.seelsorgeeinheit-rt-nord.de/klezmerkonzert

„Ja, wenn das Publikum so mitgeht…“

nachlese zum Klezmerkonzert der „Kapellye Schlosser Hans“ im Katholischen Gemeindehaus Walddorfhäslach.

Ursula Heller und ihr Jungs von „Kapellye Schlosser Hans“ hatten sichtlich Freude bei ihrem Auftritt im Katholischen Gemeindehaus in Walddorfhäslach am Sonntagabend. „So nett wie hier werden wir nicht immer empfangen“. Und so spielte die Gruppe, wie es schon immer für Klezmorim Tradition ist, flott zu einem Fest auf, hier das 20jährige Jubiläum des Gemeindehauses. In typischer Besetzung mit Akkordeon (Hans „Schlosser“ Hebart), Geige (Christof Hummel), Kontrabass (Matthias Kircher) und Gitarre (Steffen Klee) angeführt von Ursula Heller (Gesang und Querflöte) interpretiert die Formation Lieder in jiddischer Sprache – mal charmant, mal pfiffig und temperamentvoll, mal melancholisch oder romantisch und immer mit viel Ausdruck. Diese jiddische Sprache, aus der auch viele Begriffe im Deutschen zu finden sind (z.B. Ramsch, meschugge, Stuss, Tacheles reden, Ganove, Kaff), wurde früher durch die für Feste bestellbaren Musikantengruppen in ganz Europa verbreitet. Typisch für die Klezmermusik ist, dass man auch ohne den genauen Wortlaut des Textes zu verstehen, sehr viel an Emotionen vermittelt bekommt. Jazz, Tango, Balkanrhythmus und Folklore vereinigen sich im Klezmerklang und nehmen das Publikum mit in eine ganz eigene Welt. Hier ist die Musik die Sprache der Seele!

Zwischen den Musikstücken trägt Matthias Kircher gekonnt humorvolle jüdische Geschichten und Anekdoten in so lebendiger Weise vor – herzhaftes Lachen und viel Beifall der über 50 Besucher sind die gebührende Anerkennung.

Mit ihrem Vortrag schaffte es „Kapellye Schlosser Hans“ Lebensfreude, Liebe, Leidenschaft, Zerrissenheit, Hoffnung und Ernüchterung aus der Musik zu hören, mit zu empfinden und schließlich mit „glik“ und „a bisl sun“ das Leben zu feiern. Ein wunderschöner Abend und passender Beitrag zum Jubiläum. Herzlichen Dank an „Kapellye Schlosser Hans“.

Gäubote 10.04.2019, Jacqueline Geisel

"Melodien schleichen sich direkt in die Seele"
Kapellye Schlosser Hnas sorgt für abwechslungsreichen, emotionalen und humorvollen Abend
Mit dem verstehen der Texte mögen sich Nicht-Juden ein wenig schwer getan haben, das machte aber nichts. Die jiddischen Lieder, die die "Kapellye Schlosser Hans" auf Einladung der Volkshochschule in der Kelter Kayh spielte, wirkten allein auf Grund ihrer Melodie. Ursula Heller (Gesang, Querflöte) erklärte zudem vor jedem Stück, wovon es handelte. So konnten sich die etwa 50 Zuhörer schon mal in die Situation hineinfühlen, bevor die ersten Klänge ertönten.
"Lassen Sie sich einfach tragen von der schönen Melodie" - Einen besseren Tipp hätte Ursula Heller dem Publikum nicht geben können. Wenn Hans Hebart (Akkordeon), Matthias Kircher (Kontrabass), Christof Hummel (Geige) und Steffen Klee (Gitarre) zu den ersten Tönen anhoben, ging das sofort in Mark, Bein und Herz. Die Klezmer und jiddischen Lieder hatten etwas an sich, ein kurzes, langsames Anheben wie bei einem ersten Atemzug, das einen beinahe körperlich zu fassen und zur Bühne hinzuziehen schien. Dieses Etwas fesselte einen einfach sofort. Nach wenigen Takten kam meist Schwung in die Melodien und der Gesang hob an, andere Stücke gab die Gruppe instrumental zum Besten, aber nicht minder mit Elan. Spätestens jetzt war die Charakteristik des Musikstils deutlich spürbar.
Die instrumentale Komposition der "Kapellye Schlosser Hans" konnte auf faszinierende Weise ebenso beschwingt und fröhlich wie mitreißend und dunkel sein. Stellenweise zeichnete sie vor dem geistigen Auge des Zuhörers das Bild tanzender Menschen, die mir gekonnten Schritten umherhüpften wie die Finger der Musiker über ihre Instrumente und die Zunge von Sängerin Heller durch die schnellen Texte. Andere Melodien schlichen sich durch den Gehörgang scheinbar direkt in die Seele, griffen sich eine Emotion und ließen sie das ganze Stück über nicht mehr los, so dass man sich kaum rühren konnte, einfach nur gebannt durch die Musik. 
Das vorgetragene Liedgut stammte aus der Zeit von 1848 bis 1944. Leidvoll, düster, aber auch voller Lebensfreude ist das Repertoire der "Kapellye Schlosser Hans". Liebe, Leidenschaft, Zerrissenheit, Hoffnung, Ernüchterung - diese Musik lebt von mehr als den reinen Klängen. Durch die Gefühle in den Texten und den Musikern, durch ihr Zusammenspiel und ihre Leidenschaft erwacht sie erst zum Leben und entfaltet sich in voller Pracht. Keine Unterhaltung, kein bloßes Musizieren, sondern lebendige Geschichte, ein Lebensgefühl.
Der Wunsch, immer verliebt zu sein
Die auf dem Plakat versprochenen Geschichten erzählten vorwiegend die Lieder selbst. Dank der Vorab-Übersetzung von Ursula Heller lernte das Publikum sicher noch einiges über die jüdische Kultur und Historie - sowie die eine oder andere Vokabel. Die Sängerin erzählte von der Suche nach dem richtigen Mann und wie verliebte Mädchen ihrer Mutter von ihrem Schwarm erzählen. "Verliebt sein mündet dann doch in die Hochzeit", fuhr Heller fort. Ist die Hochzeit erst gefeiert, "ist das ganze Leben nur noch ein Tanz". Wenn die Ehe schon eine Weile besteht, komme öfter mal der Wunsch auf, noch einmal zu hören, dass man verliebt ist. "Ich will das hören noch einmal von dir" heißt das zugehörige Lied auf hochdeutsch. Dank dieser Art der kurzen Erzählungen floss das Programm nur so dahin, bekam Tiefe und mutete kurzweilig an. 
Dazu kamen Witze über die Eigenheiten der jüdischen Kultur, die einfach nur gute Laune machten. Matthias Kircher erzählte die Anekdoten mit passender Lockerheit und frei von der Leber weg. (...).
Beim Publikum in der Kayher Kelter kam der Auftritt der "Kapellye Schlosser Hans" gut an. Auf die Lieder folgte mindestens Applaus, teils sogar Jubelrufe. Während der Erzählungen lauschten die Männer und Frauen aufmerksam. Über die Witze lachten sie aufrichtig und ausgiebig. Alles in allem ein kulturell spannender, abwechslungsreicher, humorvoller und emotionaler Abend.